Selma Ciz / FRAGMENT AUS: ICH KENNE DICH NICHT / Innuendo auf ein Gedicht

Der Wachmann, der unbeleuchteten Hotels

Ich träume vom Wachmann, der seit 20 Jahren in der Versicherungsantalt arbeitet. Wir sind in einem Hotel mit Gittergardinen, einem Teppichboden aus Polyamid, mit Tischdecken aus Plauener Spitze. Die Decken sind mit einer Abendsonne appliziert. Die Kräutercreme ist billig. Sie ist für die vaginalen Transsudate, welche sicherlich nicht der Schaum der Tage ist.

Er weiß nicht, dass ich Enzephalitis hatte. Dass eine Entzündung bei einem Menschen mit Niedriglohn ohne Umschweife von Zelle zu Zelle wandert, das Keuchen von einer herben Frucht zur anderen, von einem Gefieder der kranken Hennen meines Vaters zu seiner Zunge, die vielleicht fremde Berge herabgerollt ist, wenn er gesprochen hat.

Du siehst aus wie mein Vater, du bist mein Jeune-Turque, sage ich ihm. In deinem Schatten sehe ich mein depersonalisiertes Erröten. Ingeborg Bachmanns Liebeskonzept. Ich sehe die Lackarbeit, die nebenan weiterhin klappt, die Wasseraufnahme, die Reinigung der Gittergardinen aus den 80ern. Ich stehe nah an den Plastiksonnenblumen, mit aller Gewalt ohne Geld, ohne Kern.